Der neue 12. Fünf-Jahres-Plan (FYP): Wohin führt die Abbremsung des Wirtschaftswachstums?

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11. April – Das Aufgabenfeld, welches der neue 12. Fünf-Jahres-Plan (FYP) bearbeiten will, ist groß und vielfältig, sagt ein Ausblick der „Asiatischen Entwicklungsbank“ (ADB) auf das Jahr 2011. Auf das Finden einer Balance zwischen all den verschiedenen Faktoren, Komponenten und Interessenslagen, welche die chineische Wirtschaft ausmachen, ist dabei ein Hauptaugenmerk gelegt. Unter den angesprochenen Bestandteilen befinden sich ausländische Investitionen und Exporte, sowie inländischer Konsum und Dienstleistungen, die beide ausgeweitet werden sollen. Die Regierung will natürlich weiterhin an der Verbesserung der Lebensstandards arbeiten und dabei die Einkommensunterschiede verkleinern. Neue Industrien, die hierbei als Wachstumsmotoren fungieren sollen, sind zum Beispiel die umweltfreundliche Energiegewinnung, der Bau neuer Transportsysteme und der Ausbau der Netzwerke, auf Informationssystemen basierende Industrien, sowie die Biotechnologie. Die Wirkung all dieser Industrien, die als Wachstumsmotoren gekennzeichnet sind, soll innovativ sein und zur Schaffung neuer, nachhaltiger Arbeitsplätze führen.         

Anderes China, neue Herausforderungen

Die Reichen in China werden immer reicher. Diese Entwicklung hat sich durch Chinas wirtschaftliche Öffnung seit dem Jahr 1978 verstärkt. Der Gini-Koeffizient, welcher Einkommensunterschiede im jeweils untersuchten Land misst, hat sich seit den 1970er Jahren in China von 0,16 auf 0,47 erhöht (Einkommensunterschiede in den untersuchten Gesellschaften sind geringer, je näher der Wert bei 0 liegt). Im Vergleich der BRIC-Länder untereinander (Brasilien, Russland, Indien und China), ist damit ist nur noch Brasiliens Gini-Koeffizient 0,57 höher als der von China. Russland und Indien vervollständigen die Statistik mit einem Gini-Koeffizienten von 0,39 beziehungsweise 0,36.

Das schnelle Wachstum in den letzten drei Dekaden hat einen Übergang des Landes von einer Gesellschaft mit niedrigem Einkommen hin zu einer Gesellschaft mit mittleren Einkommen ermöglicht. Das hat Ungleichgewichte geschaffen, wie zum Beispiel eine starke Abhängigkeit von Investitionen, ein niedriges Niveau beim privaten Verbrauch, einen unterentwickelten Dienstleistungssektor, großräumige Umweltzerstörung, und die angesprochene Vergrößerung der Unterschiede beim Einkommen. Eine Verkleinerung dieser Unterschiede ist eine schwere Aufgabe, denn das Wirtschaftswachstum ist nicht gleichmäßig über das Land verteilt. Stadtbewohner an der Ostküste sind am wohlhabendsten und der dortige städtische Raum ist dort im Vergleich am besten entwickelt, während der ländliche Raum vor sich hindarbt, und die Provinzen im Inland oder Westen des Landes haben auch noch viel bei der Entwicklung aufzuholen.    

Eine weiche Landung mit vielen Hindernissen

Die chinesische Regierung hat nicht nur aus diesem Grund, seit Beginn des Jahres 2011, viel Energie darauf verwandt, eine weiche Landung beim Wirtschaftswachstum herbeizuführen. Premier Wen Jiabaos Ziel ist ein Wirtschaftswachstum von 7 Prozent innerhalb des Zeitraumes des 12. FYP. Sehr viele Hindernisse müssen für die Erreichung dieser Ziele aus dem Weg geräumt werden. ADB betrachtet aufgrund der vielen Schwierigkeiten und Widersprüche daher ein Wirtschaftswachstum von 9,6 Prozent als realistischer.

Deshalb ist die Beantwortung der Frage, wozu die chinesische Regierung bereit ist, um das Wirtschaftswachstum zu verlangsamen von großer Wichtigkeit. Denn eine weiche Landung, zugunsten einer Kontrolle der Inflation, wird zumindest kurz oder mittelfristig nicht zu unterschätzende Folgen für das Land haben. Die von der ADB vorausgesehenen 9,6 und 9,2 Prozent Wirtschaftswachstum für das Jahr 2011 beziehungsweise 2012, werden alleine schon deshalb nötig sein, um soviele Chinesen wie möglich in Arbeitsverhältnisse zu bringen oder um diese dort zu halten. Je mehr Chinesen in Arbeitsverhältnissen sind, umso mehr Steuereinnahmen kann das Land verbuchen. Diese sind schließlich für den Umbau der Sozialsysteme vonnöten, so wie das durch die neue Sozialgesetzgebung (SIL) geschehen soll. Im letzten Jahr fanden 11,7 Millionen Menschen in China neue Arbeit, aber es drängten auch 24 Millionen Menschen auf den Arbeitsmarkt. Wenn, zum Beispiel, wie gewünscht, der Dienstleistungssektor wachsen wird und dadurch Arbeitsplätze geschaffen werden, könnte es in anderen Sektoren kurz- oder mittelfristig zu steigender Arbeitslosigkeit kommen. Diese Arbeitslosigkeit müsste durch Maßnahmen aufgefangen werden, wie zum Beispiel staatlich geförderte Weiter- und Ausbildungsprogramme für andere Berufe.      

Im abgelaufenen 11. FYP war ein 7,5 prozentiges Wirtschaftswachstum von der Regierung anvisiert. In der Realität wuchs die Wirtschaft in diesem Zeitraum aber um 11,2 Prozent. Ein Herunterdrücken dieses Wertes auf 7 Prozent für den neuen FYP zeigt zumindest, dass eine Umstrukturierung der Wirtschaft weiterhin als dringend notwendig erachtet wird. Ob und wie sich das allerdings bewerkstelligen lässt, bleibt weiterhin offen.    

Die Angst vor einer Inflation

Die Mindestlöhne sind im letzten Jahr im Durchschnitt um 24 Prozent gestiegen, was zu größeren Spielräumen beim privaten Konsum führen sollte. Erhöhte Löhne treiben aber auch die Preise nach oben und das kann zu einer Inflation führen. Experten erwarten, dass die Inflation am Ende des Jahres 2011 bei 4,6 Prozent liegen wird. 2012 soll die Inflation, nach dem Anlaufen gewisser fiskalischer Maßnahmen, bei 4,2 Prozent liegen. Steigende Verbraucherpreise und Vermögenspreise könnten Gefahr einer Inflation erhöhen. Das könnte sogar zu einer Preisspirale, wie im Jahr 1988 führen, wo die Inflation am Ende des Jahres bei 20 Prozent lag. Das führte zu einer großen Unzufriedenheit und zu Protesten in der Bevölkerung. Diese Erfahrung will die chinesische Führung sicherlich nicht wiederholen.                 

Die Privatwirtschaft

Durch die letzten fünf Jahre ist klar geworden, dass sich die Art und Weise verändern muß, wie das Wachstum im Land erfolgt. Externe Ungleichgewichte haben sich vergrößert und das Land kann nicht alleine vom Export leben. Eine älter werdende Bevölkerung wird immer mehr zur wichtigen Herausforderung, derer sich angenommen werden muß. Die Wirtschaft muß in ein Gleichgewicht gebracht werden und das wird schwerlich ohne eine veränderte Politik geschehen. So müssen beispielsweise auch Kapitalmärkte entwickelt werden, die KMUs und Selbständige bei der Finanzierung ihrer Projekte effektiv unterstützen können. Die Privatwirtschaft muß gestärkt werden, schließlich werden auch 60 Prozent des chinesischen BIP von ihr generiert.

Reformen, nicht ohne Nebenwirkungen

Die Reformen müssen weiter geführt werden. Reformen egal in welche Richtung sie führen, werden von Nebeneffekten begleitet werden, deren Ausbalancierung nicht einfach werden dürfte. Mit Spannung wird daher auf die neue Generation politischer Führer gewartet, die innerhalb der nächsten zwei Jahre in ihre Ämter eingeführt werden sollen. 

Mehrere Millionen von neuen Fahrzeugen belasten die Umwelt. Gemäß dem neuen FYP, will die Regierung die Verstädterung weiter vorantreiben. Dabei sollte sie aber schon aufgrund der großen Umweltproblematik im Kopf behalten, dass dies mit Nachhaltigkeit geschehen muß.   

Bei Fragen zu Wirtschaftsthemen, Steuern, Buchhaltung und Unternehmensgründungen in China kontaktieren Sie bitte Herrn Richard Hoffmann (Richard.Hoffmann@dezshira.com), Herrn Olaf Griese (Olaf.Griese@dezshira.com), oder Herrn Fabian Knopf (Fabian.Knopf@dezshira.com) von dem Beratungsunternehmen Dezan Shira & Associates.