Führungsverantwortung in China (Teil 3/5)

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Landeskultur und Organisationskultur – warum es hilft, Werte und Arbeitspraktiken auseinander zu halten

Von Martin Brandstötter

11. Juli – „Die Übernahme im Ausland ist wie die Adoption eines pubertären Buben“, zieht Geert Hofstede einen einprägsamen Vergleich. „Die Firma hat schon eine eigene Kultur. Und da hat man nicht nur mit der nationalen Kultur, sondern auch mit der Unternehmenskultur zu tun, die bereits etabliert ist“. Der Maschinenbau-Ingeneur und Wirtschaftsprofessor ist überzeugt: die Kriterien für Erfolg sind in der deutschen Gesellschaft anders als in anderen Ländern.

Um sich den Arbeitsalltag als Führungskraft in China ein Stück leichter zu machen, hilft es gerade bei Joint-Ventures (JVs) und Fusionen und Übernahmen (M&As), wenn Sie zwei Dinge auseinander halten: einerseits die Landeskultur, andererseits die Organisationskultur.

Über die Landeskultur werden Werte geprägt, die zum Beispiele festlegen wie sich Erfolg definiert. Diese Werte sind zwischen China und dem deutschsprachigen Raum unterschiedlich. Anders die Organisationskultur: sie bestimmt Praktiken. In einem gewinnorientierten Unternehmen mit starker Innovationsschiene wird anders gearbeitet als in einem Staatsunternehmen. Umso mehr, wenn im Staatsbetrieb die Daseinsberechtigung auch darauf basiert, Menschen schlichtweg in Beschäftigung zu halten.

Warum ich diesen Punkt hervorhebe, ist einfach erklärt: Wenn es schief läuft wird die Ursache schnell in der nationalen Herkunft gesucht. Chinesische Führungskräfte klagen über „die Deutschen“ – und umgekehrt. Nach dem Motto: „Wir lassen uns doch nicht von den Deutschen …“ oder „Wir lassen uns doch nicht von den Chinesen …“ Wenn es Probleme gibt, kommt der Nationalstolz. Effizienter kann hingegen sein, die Lösung in den verschiedenen Organisationskulturen – sprich in den unterschiedlichen Arbeitspraktiken – zu suchen.

China ist ein Markt mit rascher Dynamik. Immer wieder bin ich über die vielschichtigen Unternehmenskooperationen erstaunt. Was auf den ersten Blick einfach wie die Zusammenarbeit zwischen einem deutschen und einem chinesischen Automobilzulieferer aussieht, zeigt bei genauer Betrachtung die komplexe Historie: das chinesische Unternehmen war bis vor einigen Jahren im staatlichen Eigentum, dann Teil eines amerikanischen Konzerns, der diesen Produktionsstandort schließlich an ein deutsches Unternehmen verkaufte. Gerade wenn Unternehmensgeschichten so vielfältig sind, verlangt das Kulturthema besondere Beachtung.

An diesem Punkt wird klar, was bei internationalen Kooperationen – vor allem bei Organisationen im Entwicklungsprozess – hohe Bedeutung bekommt: Es geht dort gut, wo die Leute, die sich um den Wandel kümmern, genug Zeit bekommen. Es braucht Menschen, die für ein gewisses Ziel stehen und auf derselben Stelle dauerhaft wirken. Sie benötigen genügend Zeit, um das Ziel zu erreichen.

Dabei sollte auch eine Frage mitbedacht werden: was wird in einem internationalen Unternehmen universal gültig und ohne Spielraum festgelegt; was kann regional und eigenständig gemacht werden?

Als Faustregel empfehlen Organisationsentwickler folgenden Schlüssel: Wenn das Ergebnis normiert wird, ist es okay. Wenn die Methoden normiert werden, dann gibt es Schwierigkeiten. Denn der Weg funktioniert in dem einen Land wahrscheinlich anders als anderswo.

Geert Hofstede weist übrigens darauf hin, dass die nationale Identität auch eine Stärke ist, die man nicht ohne Not preisgeben sollte. So vermittelt Mercedes Benz für seine Produkte über die nationale Unternehmensidentität auch Werte, die Kunden und Mitarbeiter mit einem hohen Qualitätsanspruch in Verbindung setzen. Die Kunst liegt darin, Schlüsselbegriffe aus der eigenen Landeskultur so zu verwenden, dass sie in China auch passend sind. Gleichzeitig sollte man auch über chinesische Begriffe– zum Beispiel Guanxi – wissen, welche Bedeutung sie für Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunden haben.

Der Autor Martin Brandstötter begleitet mit der Unternehmensberatung Zielwerk Organisationsentwicklungs- und Changeprozesse und berät Führungskräfte. Der akademische Coach arbeitet auf Deutsch, Chinesisch und Englisch.

Hier können Sie den 1. Teil, 2. Teil, 4. Teil und 5. Teil dieser fünfteiligen Serie lesen.

Bei Fragen zu Wirtschaftsthemen, Steuern, Buchhaltung und Unternehmensgründungen in China kontaktieren Sie bitte Herrn Richard Hoffmann (Richard.Hoffmann@dezshira.com), Herrn Olaf Griese (Olaf.Griese@dezshira.com), oder Herrn Fabian Knopf (Fabian.Knopf@dezshira.com) von dem Beratungsunternehmen Dezan Shira & Associates.