Was gibt es beim Markteintritt in China zu bedenken?

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Von Lutz Berners
,  Berners Consulting
 
Dies ist ein Auszug aus “Einführung in die Geschäftstätigkeit in China”, das im Bookstore kostenlos zur Verfügung steht.
 

Lohnt sich der Markteintritt noch? Sind die Lohnkosten bereits zu hoch? Was ist mit den Risiken für das geistige Eigentum? Brauche/möchte ich einen Partner? Diese und mehr Fragen stellen sich Unternehmen, die einen Markteintritt in China in Erwägung ziehen. Einerseits ist heute viel mehr möglich als noch vor zehn Jahren; andererseits ist ein China- Engagement heutzutage ungleich komplexer als früher, allein schon durch die vielen möglichen Eintrittsformen, Standorte und Partner.

Markteintritt

 

Markteintrittsmotive

Heutzutage gehen Unternehmen vor allem wegen des chinesischen Binnenmarkts oder aus strategischen Überlegungen nach China.

Wer wegen des chinesischen Binnenmarkts nach China geht, sollte sich zunächst mit den Vertriebskanälen, erforderlichen lokalen Produktanpassungen und Marketingstrategien auseinandersetzen. Aufgrund der Größe des Landes sollte man sich den Ort für das erste Engagement sorgfältig aussuchen und sich von Anfang an Gedanken über eine sinnvolle Expansionsstrategie machen. Auch die Frage nach lokalen Partnern, insbesondere im Vertrieb, sollte man sich genau stellen.

In einigen Branchen, zum Beispiel in der Automobilzulieferindustrie, überwiegen strategische Motive. Konkrete Kundenforderungen oder die Sorge vor erstarkendem chinesischem Wettbewerb treiben auch Mittelständler an, in China einen Produktionsstandort aufzubauen. In dieser Situation ist die Wahl der Zielregion meist einfach (da sie sich am Hauptkunden orientiert). Die Details der Standort- und Partnersuche hingegen sind eher herausfordernd, insbesondere in Branchen, in denen Prozess-Know-How und mitteleuropäische Gründlichkeit Erfolgsgrundlagen sind.

Markteintrittsoptionen

Während vor zehn Jahren noch der Grundsatz „am liebsten allein“ galt, zeigt sich heutzutage ein differenziertes Bild. Die Einzelfallbetrachtung sollte sowohl die jeweiligen Marktgegebenheiten, als auch die Situation des Unternehmens berücksichtigen.

Partnerschaften spielen eine immer bedeutendere Rolle. Einerseits hat sich der Markt entwickelt. Europäische Unternehmen müssen sich im Markt gut positionieren, um ihre Premiumprodukte zum Premiumpreis verkaufen zu können. Zudem gibt es heutzutage mehr qualifizierte potentielle Partner, seien es Führungskräfte, Vertriebspartner oder Kapitalpartner.

Bei Vertriebspartnerschaften, Einkaufsbeziehungen oder Joint Ventures sind die Partnerschaftsthemen offensichtlich. Sowohl die rechtlichen Rahmenbedingungen als auch die allgemeinen Erfahrungen in der chinesischen Unternehmerwelt haben sich weiterentwickelt, sodass oft ähnlich denkende Unternehmer aufeinandertreffen. Anders

als früher jedoch haben es die europäischen Unternehmen nun mit meist ebenbürtigen Gegenübern zu tun, die die Partnerschaft klar einfordern und mit Leben befüllen wollen. Daher sind die sorgfältige Auswahl der jeweiligen Partner und der vorausschauende Aufbau der Partnerschaft sehr wichtig.

In einer Tochtergesellschaft eines deutschen Unternehmens sind die wichtigsten Partner die Führungskräfte und Mitarbeiter. Auch dies ist anders als noch vor einigen Jahren, als deutsche Unternehmen eine Art „Ausländerbonus“ genossen. Angefangen vom Geschäftsführer über die Finanzleitung, Personalwesen und schließlich die wertschöpfenden Bereiche sollten die Mitarbeiter von Anfang an als ernstzunehmende Partner betrachtet werden. Ansonsten droht hohe Fluktuation und Know-How-Abfluss, was erhebliche Probleme bereiten kann. Eine Tochtergesellschaft ist also nicht automatisch risikoärmer als eine Partnerschaft mit einem lokalen Partner.

Letztlich gibt es signifikante kulturelle Herausforderungen. Diese sollte man sich bewusst machen und aktiv auf sie eingehen, zum Beispiel durch eigene Aufenthalte im Land, vorbereitende oder begleitende Seminare und Einbindung von internen und externen Erfahrungsträgern. Selbst mit viel Erfahrung können immer noch neue Situationen und Überraschungen eintreten. Daher sollte man dieses Thema regelmäßig aufgreifen und mit kritischer Selbstreflexion Handlungsbedarfe identifizieren.

Allgemeine Handlungsempfehlungen

Egal wie man nun in den chinesischen Markt eintritt – einige Handlungsmaxime sind universell anwendbar.

Dreimal nachdenken und dann handeln 三思而后行

Der Unterschied zu vielen anderen Märkten liegt unter anderem in der enormen Dynamik des Landes. Kombiniert mit der relativen Inflexibilität von Unternehmensrecht und administrativen Prozessen bedeutet dies, dass vorausschauende Planung sehr wichtig ist. Eine falsche Weichenstellung im ersten Jahr kann große Zusatzkosten im vierten Jahr bedeuten, wenn sich der Absatz gut entwickelt hat und man den nächsten Schritt gehen möchte. Daher ist es ratsam, über Marktstudien, eigene Erfahrungen sowie fachkundige Beratung einen nachhaltigen Plan aufzustellen.

Mit dem Fuß die Steine ertastend den Fluss überqueren 摸着石头过河

Für viele Unternehmen ist ein schrittweiser Aufbau in China sinnvoll. Um erste Erfahrungen zu sammeln, bieten sich flexible Modelle an, wie zum Beispiel:

  • Lokale Vertreter, die Geschäfte direkt zwischen Exporteur und Kunden anbahnen.

  • Vertragsmitarbeiter (z.B. in Firmenpools), die als „Speerspitze“ den Weg für die in Deutschland basierten Verkäufer bereiten.


Wenn man einige Erfahrungen gesammelt hat und insbesondere geklärt hat, ob ein physisches Lager in China wichtig ist, kann man ein permanentes Engagement aufbauen, zum Beispiel: 

  • Distributoren, die nationale oder regionale Händlernetzwerke bedienen.

  •  Repräsentanzbüros für Marktrecherchen und Kundenpflege.

  •  Handelsgesellschaften, die importieren, Waren lagern und verkaufen können.

Bei vielen Engagements ist eine lokale Wertschöpfung sinnvoll. Einige Optionen:

  • Handelsgesellschaften, deren Geschäftslizenz (wenn sie vorausschauend angelegt ist) 
auch einen begrenzten Wertschöpfungsanteil beinhaltet.
  • Tochtergesellschaften (WFOE) oder Joint Ventures (JV), deren Geschäftslizenz 
Produktion, Import, Export und Handel einschließen kann.
  • Übernahmen chinesischer Unternehmen und ihrer lokalen Strukturen.


Ein Geschäft eröffnen ist leicht; schwerer ist es, es eröffnet zu halten 创业容易,守业更难 


In China fressen nicht die Großen die Kleinen, sondern eher die Schnellen die Langsamen. Es ist daher wichtig, flexibel zu bleiben und auf Veränderungen schnell reagieren zu können. Vertreter, Distributoren und auch eigene Mitarbeiter haben die Motivation, die eigene Leistung positiv darzustellen. Hierdurch werden manchmal wichtige Entwicklungen im Markt nicht wahrgenommen. Vertriebsverantwortliche sollten daher ein gutes eigenes Verständnis des Markts haben, zum Beispiel durch Experten, die von der lokalen Organisation unabhängig sind. 
Regelmäßige Reviews können helfen, die Zeichen der Zeit zu erkennen und gegebenenfalls Anpassungen in der lokalen Struktur vorzunehmen. Spätestens bei diesen Anpassungen zeigt sich, ob die ursprüngliche eingerichtete Präsenz nachhaltig ist, oder ob man nun für damalige „Abkürzungen“ teuer bezahlen muss oder viel Zeit verliert.

 

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Fabian Knopf, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates Fabian.Knopf@dezshira.com

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