Auf der Überholspur: Chinas IKT-Markt bestimmt zunehmend die Trends

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Von Silke Neugebohrn und Hanno Rademacher. Dieser Artikel erschien in der März-Ausgabe 2015 von ChinaContact.

China war 2014 nach den USA der weltweit zweitgrößte Markt für Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). Prognosen zufolge wird sich der Einfluss Chinas auf dem weltweiten IKT-Markt 2015 weiter verstärken. So sollen chinesische Investitionen einen Anteil von 43 Prozent am gesamten Branchenwachstum haben und ein Drittel aller Smartphone-Käufe sowie rund ein Drittel aller Online-Shopper sollen aus China kommen.

Chinesische IKT-Unternehmen haben in den vergangenen Jahren mehr und mehr Aufmerksamkeit erregt. So hat sich der 2010 gegründete Smartphone- Hersteller Xiaomi mit über 61 Millionen verkauften Smartphones 2014 zum drittgrößten Produzenten weltweit hinter Apple und Samsung entwickelt. Die Firma Huawei verfügt bereits über ein etabliertes Geschäft in
Deutschland und baut die Präsenz weiter aus. Die riesige chinesische E-Commerce Plattform Alibaba ist spätestens seit dem New Yorker Börsengang in aller Munde und Firmengründer Jack Ma einer der reichsten Männer der Welt. Am 11. November 2014 erzielte Alibaba mit 9,3 Milliarden US-Dollar den größten bisher aufgezeichneten Tagesumsatz weltweit.

Ähnlich wie auf dem internationalen Markt verzeichnet Chinas IKT-Markt im Vergleich zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ein stärkeres Wachstum. 2014 wuchsen die Umsätze
um 15 Prozent auf 351 Milliarden US-Dollar. Das weltweite Wachstum der Branche betrug vier Prozent mit einem Gesamtumsatz von 2,79 Billionen US-Dollar.

Gezielte Förderung

Chinas IKT-Sektorvist nicht zuletzt durch die Förderung im Rahmen des 12. Fünfjahresprogramms so stark gewachsen, das die Weiterentwicklung der IKT-Strukturen explizit vorsieht. Dazu gehörten der Ausbau der Glasfaserverbindungen, die Umrüstung auf den neuesten Mobilfunkstandard 4G/LTE sowie die Förderung von technischen Lösungen für Cloud Computing und das sogenannte »Internet of Things« (IoT).

Zudem gibt es IKT-Cluster mit Steueranreizen, besserer Infrastruktur sowie einer stärkeren Verknüpfung von Industrie und Forschung. So sind im Pekinger Stadtteil Zhongguancun
zahlreiche Universitäten und Hightech-Forschungs- und Entwicklungszentren angesiedelt. Im Zhongguancun Science Park befinden sich die Entwicklungszentren von Firmen wie IBM, Oracle, Lenovo, Baidu, Sina und Tencent, und es werden gemeinschaftliche Forschung und Entwicklung sowie Technologietransfer gefördert.

Das Telefonnetz wird durch die großen staatlichen Betreiber China Mobile, China Unicom und China Telecom weiter vervollkommnet. China Mobile ist die maßgebliche Triebkraft beim Ausbau des 4G-Netzes. Gerätehersteller wie Huawei, Xiaomi und ZTE entwickeln Produkte auf dem neuesten Stand der Technik, die zunehmend auch für westliche Hersteller auf deren heimischen Märkten zur Konkurrenz werden.

Im Bereich der Hardwareproduktion fördert die Regierung die strategische Weiterentwicklung der
technischen Standards und neuer Technologien, etwa die Mikroelektronik. Auch die Softwarebranche erlebt in China nach wie vor eine Boomphase. Die 30.000 chinesischen Softwareunternehmen sorgen jährlich für steigende Umsätze. Am deutlichsten wird die rapide Weiterentwicklung im Bereich der »Value Added Telecommunication Services« (VATS). Mobile Apps, E-Commerce, Online Gaming und Cloud-Dienste finden massenweise
Abnehmer und Anwender. Mehr als 300 Millionen E-Shopper sind in China auf Plattformen wie Alibaba registriert.

Hürden für ausländische Anbieter

Trotz hoher Dynamik und ausgeprägten Wachstumspotenzials hängen die technischen Realitäten allerdings zum Teil noch den Ansprüchen hinterher. Zwar wird in das Highspeed-Netz massiv investiert, dennoch können die Internetverbindungen den reibungslosen Ablauf von onlinebasierten Geschäftsprozessen nicht gewährleisten, wie gerade die Europäische Handelskammer in China in einer Studie deutlich gemacht hat. Die Kammer beklagt, dass die »Große Mauer« immer höher gebaut wird.

Eine Herausforderung für ausländische Unternehmen ist ferner die Verletzung intellektueller Schutzrechte, und für Hardwareprodukte sind oft spezielle chinesische Zertifizierungen zu berücksichtigen wie das China Compulsory Certificate oder die Network Access License, die für Telekommunikationsausrüstungen vorgeschrieben sind.

Vor allem jedoch im Bereich der VATS erschwert das regulatorische Umfeld den Markteintritt. So können zwar 100-prozentig ausländisch investierte Einzelhandelsfirmen nach Registrierung ihre eigenen Produkte über eine eigene Online-Plattform vertreiben. Sollen jedoch Produkte Dritter etwa auf Plattformen wie Taobao angeboten werden, ist eine Lizenz als »Internet Content Provider« (ICP) zu beantragen. Diese wird jedoch nur
chinesischen Gesellschaften oder Joint Ventures mit einer ausländischen Beteiligung von höchstens 50 Prozent gewährt. Joint Ventures, die VATS anbieten, müssen zudem ein hohes Stammkapital von bis zu zehn Millionen Yuan (etwa 1,5
Millonen Euro) aufweisen, wollen sie ihre Dienstleistungen in ganz China anbieten.

In der Shanghaier Freihandelszone wurden diese Einschränkungen bereits etwas gelockert: Dem ausländischen Partner eines Joint Ventures im Bereich der Online-Datenver- und Transaktionsverarbeitung wie E-Commerce oder Cloud Computing wurden zunächst 55 Prozent der Anteile zugestanden. Seit Januar 2015 ist es sogar möglich, ein vollständig ausländisch investiertes Unternehmen zu gründen.

Auch im Rahmen dieser Erleichterungen ist es in der Praxis bislang für ausländische Unternehmen schwierig, eine ICP-Lizenz zu erhalten. Microsoft und Amazon ist dies mit lokalen Partnern gelungen. Viele Unternehmen weichen jedoch auf »Variable Interest Entities
« (VIE) aus – Strukturen, bei denen Gesellschaften, deren Anteile nominal von chinesischen Gesellschaftern gehalten werden, de facto von ausländischen Unternehmen
oder Individuen durch vertragliche Vereinbarungen kontrolliert werden. So können Beschränkungen für ausländische Unternehmen wie etwa bei der Gewährung einer ICP-Lizenz
umgangen werden.

Der Entwurf des Gesetzes für ausländische Investitionen vom Januar dieses Jahres sieht jedoch vor, VIE den Vorschriften für ausländisch investierte Unternehmen zu unterwerfen, wenn de facto die Kontrolle tatsächlich durch ausländische Unternehmen oder Individuen ausgeübt wird. Damit würden die genannten Beschränkungen auch für VIE gelten und diese Ausweichoption fiele wohl weg. Es ist jedoch zu hoffen, dass die begonnene Aufhebung von Beschränkungen fortgeführt und ausländischen Unternehmen der Zugang weiter erleichtert wird.

 

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