Die Robotik-Industrie in China

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China ist seit vier Jahren der größte Industrierobotermarkt der Welt. Im Jahr 2016 hatte China einen Gesamtabsatz von fast 90.000 Einheiten – eine Steigerung von 27 Prozent gegenüber 2015, was 30 Prozent des Weltmarktes entspricht.

Nach Angaben der International Federation of Robotics (IFR) hat China seit 2016 weltweit die meisten Industrieroboter im Einsatz. Es wird erwartet, dass China bis 2020, 150.000 Industrieroboter produziert und ca. 950.300 Industrieroboter in Betrieb haben wird.

Doch obwohl China die meisten Industrieroboter der Welt hat, lag seine gesamte Roboterdichte 2016, mit 68 Einheiten pro 10.000 Arbeiter, unter dem globalen Durchschnitt. Darüber hinaus stammt der größte Teil der Nachfrage nach Robotern in China von internationalen Firmen. Einheimische Hersteller sind immer noch auf ausländische Technologien angewiesen.

Die chinesische Robotik-Industrie ist eindeutig groß, hat aber noch viel Raum für Entwicklung. Die chinesische Regierung hat dies erkannt und in ihrer Industriepolitik “Made in China 2025” (MIC 2025) Robotik als einen strategisch wichtigen Sektor gekennzeichnet. Für ausländische Investoren ist dies sowohl eine Chance, als auch ein Risiko.

Regierungsinitiativen

Die chinesische Regierung hat ehrgeizige Pläne für die Robotik-Industrie des Landes.

So stellt die MIC 2025, die Sektoren Robotik-Industrie, zusammen mit künstlicher Intelligenz und Automatisierung, in den Fokus, um den Wandel und die Modernisierung der Fertigungsindustrie voranzutreiben. Mit diesem Vorstoß will die Regierung den Weltmarktanteil chinesischer Roboter, von 31 Prozent im Jahr 2016, auf über 50 Prozent bis 2020, erhöhen.

Darüber hinaus hat die Regierung 2016 den Robotics Industry Development Plan (2016-2020) ins Leben gerufen, um Roboteranwendungen für eine breitere Palette von Bereichen zu fördern und ausländische Investitionen anzulocken. Ziel ist es, bis 2020 jährlich 100.000 Industrieroboter mit einheimischen Technologien herzustellen.

Um diese Ziele zu erreichen, unterstützt die Regierung Unternehmen, die eine robotergestützte Automatisierung in Schlüsselindustrien wie Automobilbau, Elektronik, Elektrohaushaltsgeräte und Logistik implementieren wollen. Die Regierung hat mehrere Programme und Anreize ins Leben gerufen, um die Entwicklung und Innovation von Forschung und Entwicklung, zu fördern. Dazu gehören die Bereitstellung von Subventionen für Roboterhersteller und Automatisierungsunternehmen, speziell gehören dazu zinsgünstige Darlehen, Steuererleichterungen und Mietanreize.

Darüber hinaus hat das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie kürzlich auf einer Pressekonferenz auf der World Robot Conference 2018 angekündigt, dass China einen Plan zum Aufbau eines nationalen Robotik-Innovationszentrums genehmigt habe, welches sich auf z.B. Technologien zur Mensch-Maschine-Interaktion oder Compliant Control, konzentrieren wird.

Während des Boao-Forums 2017 äußerten sich chinesische Regierungsvertreter auch zu der Bedeutung der Gleichbehandlung von in- und ausländischen Unternehmen, in Bezug auf „Qualifizierungslizenzen, öffentliches Beschaffungswesen und Vorzugsregelungen des MIC 2025.” Dennoch befürchten viele ausländische Regierungen und Technologieunternehmen, dass MIC 2025 chinesischen Unternehmen einen unfairen Vorteil verschaffe.

Industrielandschaft

Bis heute scheinen die Bemühungen der Regierung, die Industrie zu entwickeln, weitgehend erfolgreich: China ist der am schnellsten wachsende Robotermarkt der Welt. Analysten führen Chinas aufstrebende Robotik-Industrie auf seine Größe, Wachstumsdynamik und sein Kapital zurück.

Bis März 2017 waren mehr als 800 Unternehmen in China direkt an der Roboterfertigung beteiligt, und bis Ende 2017 gab es über 6.500 Unternehmen im Bereich Robotik. Zu den wichtigsten chinesischen Playern in der Robotik-Industrie gehören SIASUN und DJI Innovations.

Die Entwicklung konzentriert sich hauptsächlich auf Servosteuerung, Motor und Reducer, Mensch-Maschine-Interaktionstechniken, „Maschinelles Sehen“ und intelligente Sprache sowie Unterwasserroboter und andere Technologien.

Das rasante Wachstum der chinesischen Roboterindustrie beschränkt sich nicht nur auf einheimische Unternehmen. Ausländische Unternehmen wie Nachi-Fujikoshi und FANUC haben mit KUKA, Reis Robotics, Stäubli und ABB, ein Franchise-Unternehmen gegründet, um Produktionsstätten in China zu errichten und nicht nur lediglich die Zusammenlegung von Büros oder Vertriebswegen. Auch der taiwanesische Elektronikgigant Foxconn ist ein weiterer, großer Robotik-Player in China.

Staatliche Anreize haben es chinesischen Unternehmen auch ermöglicht, westliche Robotik-Technologieunternehmen zu akquirieren. So hat die Midea Group 2016 KUKA, einen der größten Roboterhersteller der Welt, übernommen, um die Produktion von Haushaltsgeräten voranzutreiben.

Aufgrund des starken Regierungsinteresses an der Robotik-Industrie, einer großen und wachsenden Anzahl chinesischer und ausländischer Firmen, die oft die fortschrittlichste Technologien besitzen, gibt es eine Reihe verschiedener Akteure, die in der Industrie involviert sind.

Laut Martin Kefer, Gründer von Motus Operandi, einer Robotik-Software-Firma mit Sitz in Shanghai, müssen ausländische Robotik-Unternehmen, die den chinesischen Markt betreten, bereit sein, sich mit einer großen Anzahl von Interessensgruppen zu befassen.

Kefer wies darauf hin, dass viele der Hersteller, die Roboter einführen, in chinesisch-ausländischen Joint Ventures arbeiten, wie in der Autoindustrie, wo der ausländische Besitz einer Unternehmung immer noch begrenzt ist.

“Mit JV-Herstellern den Fuß in die Tür zu bekommen, kann schwierig sein”, bemerkte Kefer. “Jedes Autounternehmen, das in einer verbindlichen JV-Vereinbarung mit einer lokalen Fabrik zusammenarbeitet, kann die Verhandlungen zwischen den Beteiligten komplizierter gestalten.”

Darüber hinaus müssen Investoren darauf vorbereitet sein, dass die Regierung ein weiterer wichtiger Interessensvertreter in der Branche ist. “Die Regierung ist ein Akteur auf allen Ebenen”, sagte Kefer.

Standorte für Investitionen

Laut dem chinesischen Institut für Elektronik (CIE) hat die Region des Jangtse-Deltas in Ostchina, die solideste Grundlage für die Roboterentwicklung. In der Yangtze-Delta-Region gibt es eine besondere Anhäufung, vor allem in Shanghai, Kunshan, Changzhou, Xuzhou und Nanjing. Viele globale Robotik-Giganten gründen Firmenzentralen oder Büros im Jangtse-Delta, insbesondere in Shanghai, wo nach Kefer, die Startup-Umgebung sehr unterstützend ist.

Auch die Robotik-Industrie im Perlflussdelta und in den Regionen Beijing-Tianjin-Hebei (Jing-Jin-Ji) wächst allmählich. Die Anzahl der Robotik-Unternehmen in der Region des Pearl River Delta beträgt über 700, ist damit nur an zweiter Stelle nach der Jangtse-Delta-Region, mit einem Gesamtproduktionswert von 75 Mrd. RMB (11,80 Mrd. USD).

Die Innovationskraft der Branche in der nordöstlichen Region – Chinas Rostgürtel – war jedoch in den letzten Jahren begrenzt.

In Chinas zentralen und westlichen Regionen ist die Grundlage der Roboterproduktion relativ schwach. Diese generell schnell wachsenden Regionen weisen noch Entwicklungspotenzial auf.

Neben regionalen Clustern gibt es in China mehr als 40 Robotik-fokussierte Industrieparks im ganzen Land. Robotik-orientierte Industrieparks profitieren von staatlichen Ressourcen und Anreizen zur Förderung der Industrie.

Chancen in Teilsektoren

Auf der Welt-Roboterkonferenz 2017 in Peking hat die CIE den Bericht zur Entwicklung der chinesischen Roboterindustrie (2017) veröffentlicht. Dem Bericht zufolge sollte der chinesische Robotermarkt im Jahr 2017 voraussichtlich 6,28 Milliarden US-Dollar erreichen – mehr als ein Viertel des globalen Marktes von 23,2 Milliarden US-Dollar.

Die Roboterindustrie ist in verschiedene Teilsektoren für Roboter unterteilt, die verschiedene Funktionen ausführen. Hier betrachten wir Industrie-, Service- und spezialisierte Serviceroboter.

Industrieroboter

Laut IFR ist ein Industrieroboter ein automatisch gesteuerter, programmierbarer Mehrzweckroboter, der in drei oder mehr Achsen programmierbar ist.

Die Hauptanwendungen von Industrierobotern in China liegen in den folgenden Bereichen: Automobilherstellung, Elektrik und Elektronik, Gummikunststoffe, Metallurgie, Lebensmittelindustrie, chemische Verfahrenstechnik sowie Medizin und Kosmetik. 50 Prozent der Industrieroboter werden in dem Automobilbau eingesetzt, davon mehr als 50 Prozent als Schweißroboter.

Chinas Industrierobotermarkt war 2017 geschätzte 4,22 Milliarden US-Dollar wert. Bis 2020 sollen es 5,89 Milliarden US-Dollar sein.

Serviceroboter

Ein Serviceroboter arbeitet halb- oder vollständig autonom, um Dienstleistungen für die menschliche Gesundheit oder die Wartung von Ausrüstung zu erbringen, ausgenommen industrielle Tätigkeiten.

Gesundheitswesen / medizinische Geräte, Finanzen, Lager / Logistik und Kundenservice / Catering sind die geeignesten Branchen für Serviceroboter. Serviceroboter treten zunehmend auch in Haushalten als Heimroboter, Unterhaltungsroboter und Bildungsroboter auf.

Im Jahr 2017 war dieser Markt in China geschätzte 1,32 Mrd. US-Dollar wert. Angesichts der schnell alternden Bevölkerung, der anhaltenden Nachfrage nach Gesundheitsversorgung und Bildung sowie der rasanten Entwicklung von Parkrobotern und Supermarktrobotern, wird die Marktgröße von Servicerobotern in China bis 2020 voraussichtlich 2,9 Milliarden US-Dollar übersteigen.

Spezialisierte Serviceroboter

Spezialisierte Serviceroboter werden in China allgemein als solche angesehen, die für militärische Anwendungen, extreme Operationen und Notfallrettung verwendet werden.

Spezialisierte Serviceroboter in China werden zunehmend bei Erdbeben, Überschwemmungen, extreme Wetterbedingungen, Feuer, Sicherheit und andere Sicherheitsvorfälle eingesetzt. Mit dem zunehmenden Sicherheitsbewusstsein chinesischer Unternehmen werden spezialisierte Serviceroboter in gefährlichen Umgebungen eingesetzt, um eine Vielzahl von Aufgaben zu erfüllen.

Der chinesische Markt für spezialisierte Serviceroboter hatte im Jahr 2017 einen geschätzten Wert von 740 Millionen US-Dollar. Bis 2020 sollen es 1,24 Milliarden US-Dollar sein.

Software für Roboter

Neben den derzeit zwei traditionellen Robotik-Geschäftsfeldern in China – Hardware- und Systemintegration – investieren ausländische Unternehmen, wie Motus Operandi, in eine dritte Lösung: Software für Roboter.

Zum Beispiel stellt Motus Operandi Software für die Installation in Robotern zur Verfügung, die den energieeffizientesten Weg für einen Roboter findet, eine bestimmte Aufgabe auszuführen, was Unternehmen jährlich Millionen einsparen kann.

Kefer erklärte: “Wir konzentrieren uns auf Smart Motion für Roboterarme in der Fertigungsindustrie. Wir bringen etwas Neues, das den Energieverbrauch senkt und die Geschwindigkeit des Robotersystems verbessert, basierend auf den Daten des Robotersystems.”

Robotik-Unternehmen wie Motus Operandi profitieren von der Unterstützung der chinesischen Regierung für die Industrie. “Strom wird in China subventioniert, was bedeutet, dass die Regierung am Ende die Rechnung bezahlt”, sagt Kefer.

Dennoch warnte Kefer davor, sich zu sehr auf Subventionen und Anreize zu verlassen. “Vermeiden Sie es, sich auf die Regierung zu verlassen”, sagte Kefer. “Die Unterstützung für Startups in China ist hauptsächlich für chinesische Startups – die Sicherung staatlicher Finanzierung ist für ausländische Startups schwieriger.”

Die Erfahrung von Motus Operandi zeigt Möglichkeiten der chinesischen Roboterindustrie auf. Mit Unterstützung der Regierung finden Hersteller von Robotern und damit verbundener Software und Dienstleistungen erheblichen Spielraum für Wachstum.

Die gleichen Regierungsinitiativen können jedoch auf lange Sicht auch Wettbewerb und Hürden für ausländische Akteure schaffen. Diese Politik macht die Robotik-Industrie zu einem verlockenden, aber herausfordernden Bereich für ausländische Investitionen.