Nachlassendes chinesisches Wirtschaftswachstum bei ungebrochenem Inflationsdruck

Posted by Reading Time: 3 minutes

Von Vivian Ni

26. Juli – Im zweiten Quartal des Jahres 2011 ließ das chinesische Wirtschaftswachstum gegenüber dem ersten Quartal des Jahres leicht nach. Das Wachstum sank von 9,7 Prozent auf 9,5 Prozent herab. Trotz strenger finanzpolitischer Maßnahmen, bleibt die Inflation jedoch die größte Herausforderung der chinesischen Regierung. Im vergangenen Juni kletterte der Verbraucherpreisindex (CPI) auf 6,4 Prozent und damit den höchsten Stand seit drei Jahren. Die Inflationsgefahr könnte auch zu einem sektorübergreifenden Rückgang beim Verbrauch führen, wie zum Beispiel bei der Automobil- und Möbelbranche, sowie beim Erwerb von elektrischen Geräten.

Wie die Nationale Statistikbehörde (NBS) berechnete, erreichte Chinas BIP in den Monaten zwischen Januar und Juni auf RMB 20,4 Billionen, was einer Steigerung von 9,6 Prozent im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum entsprach. Nach einer Steigerung des CPI auf Rekordhöhe im letzten Monat, meldete die NBS auch, dass die Inflation in den letzten sechs Monaten im Durchschnitt um 5,4 Prozent wuchs. Deshalb ist weiterhin starkes Eingreifen der Regierung erforderlich, damit der Inflation Einhalt geboten werden kann und die Preise stabilisiert werden können.    

Ein Journalist von CCTV, dem staatlichen chinesischen Fernsehsender, wollte auf einer Pressekonferenz des NBS zur Veröffentlichung der Zahlen in Erfahrung bringen, ob die chinesische Wirtschaft auf eine Periode der „stagflation“ zusteuere. Im Land gäbe es Anzeichen eines verlangsamten Wirtschaftswachstums ohne, dass dabei die Inflation unter Kontrolle gebracht zu sein scheint. In einer „stagflation“ ist das Wirtschaftswachstum langsam aber die Inflation wächst schnell weiter. Sheng Laiyun, der NBS-Sprecher, antwortete auf diese Befürchtungen, dass sich die chinesische Wirtschaft gegenwärtig in einer Phase der Transformation befindet, auf dem Weg weg von stimulusabhängigen Wirtschaftswachstum hin zu unabhängigen Wirtschaftswachstum. Generell sei das Wachstum aber robust.

Sheng betonte, dass Chinas Wirtschaftswachstum im letzten Jahr stabil und schnell erfolgte. Er glaubt auch, dass das Risiko für eine starke Abnahme des chinesischen Wirtschaftswachstums gering ist. Er unterstrich, dass die Tendenz zum wirtschaftlichen Wachsen immer noch stark ist, da lokale Investitionsaktivitäten immer noch hoch seien. Investitionen aus privater Hand sind im letzten Halbjahr um 33,8 gestiegen, was einem 8,2-prozentigen schnelleren Wachstum als bei den Investitionen in Anlagevermögen entsprach.        

Gleichzeitig räumte Sheng ein, dass China die Kontrolle der Inflation sehr ernst nimmt. Die Suche nach einem Gleichgewicht zwischen schnellem und stabilem Wirtschaftswachstum, die Kontrolle der Inflation und eine wirtschaftliche Strukturanpassung stellen gegenwärtig die größten Herausforderungen für China dar, fügte er hinzu.  

Unruhen über die steigenden Preise könnten die chinesichen Verbraucher davon abhalten, ihre Ersparnisse in einige Sektoren zu investieren, obwohl das verfügbare Einkommen der Stadtbewohner nominell um 13,2 Prozent und effektiv um 7,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist. Der Verkauf von Automobilen stieg um 15 Prozent, im Vergleich zum Vorjahr bedeutete das eine Verlangsamung des Wachstums hier um 22,1 Prozent. Auch der Erwerb von Haushaltsgeräten hat nachgelassen, wo der Möbel- und Elektrogeräteverkauf um 30 beziehungsweise 21,5 Prozent gewachsen sind. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutete dies eine Abnahme bei der Geschwindigkeit von jeweils 8,5 und 7,5 Prozent.  

China arbeitet mit einer restriktiven Geldpolitik gegen die Inflation. Die Chinesische Zentralbank (PBOC) hat zusätzlich zu mehreren Anhebungen des Banken-Mindestreservensatzes in diesem Jahr auch zum fünften Mal seit letztem Oktober die Leitzinsen angehoben. Hinzu kommt, dass die Regierung eine Reihe von restriktiven Maßnahmen – einschließlich einer Beschränkung der Bankdarlehensgarantie für Bauunternehmer – für den Immobilienmarkt eingeführt hat, um den steigenden Preisen für Immobilien entgegen zu wirken.          

Die Investitionen auf dem Immobilienmarkt sind jedoch im letzten Halbjahr weiter gestiegen, davon zeugt eine 32,9-prozentige Zunahme im Vergleich zum Vorjahr. Ausländische Investitionen hatten auch einen großen Anteil an der Projektentwicklung während dieses Zeitraumes. Sie kamen auf einen 75,5-prozentigen Anteil des gesamten Investitionsvolumen in dieser Branche.     

Ein anderer Journalist eines chinesischen Wirtschaftssender fragte den NBS-Sprecher, warum die strengeren Maßnahmen die Investitionslust in den Immobiliensektor nicht bremsen konnten. Sheng antworte, dass sowohl der Bau von erschwinglichen Wohnraum als auch die Erschließung neuer Grundstücke dazu beigetragen haben, dass sich dieser Trend fortsetzte.  

Die Frage eines Dow Jones-Journalisten spiegelte die Spekulation in der Öffentlichkeit wider, inwiefern sich die Regierung vorbehält, die restriktive Geldpolitik weiter an die gegenwärtigen Umstände anzupassen. Denn das makroökonomische und industrielle Wachstum des Landes fielen besser aus als erwartet. Ohne auf die Frage direkt zu antworten, betonte Sheng, dass er überzeugt davon sei, dass alle involvierten Ministerien die richtigen Entscheidungen treffen würden und dies mit Bezug auf die aktuelle Wirtschaftsentwicklung täten.  

Eine vor kurzem veröffentliche Reihe von Beiträgen auf Chinas beliebten Internetportal Tencent gab die Unruhe unter der Bevölkerung über die restriktive Geldpolitik der Regierung wieder. Die vorgestellten Maßnahmen üben nämlich Druck auf kleine-und-mittelständische Unternehmen (KMUs, SMEs) aus, die sich plötzlich in einer Kreditklemme wiedefinden würden. Es wird davon berichtet, dass die restriktive Geldpolitik die Finanzierungsmöglichkeiten der KMUs beträchtlich eingeschränkt hat. Das führt auch dazu, dass sich in letzter Zeit das Aufkommen von „faulen Krediten“ erhöht hat. Das ist eine Erscheinung, die der Regierung gar nicht gefallen dürfte.  

Bei Fragen zu Wirtschaftsthemen, Steuern, Buchhaltung und Unternehmensgründungen in China kontaktieren Sie bitte Herrn Richard Hoffmann (Richard.Hoffmann@dezshira.com), Herrn Olaf Griese (Olaf.Griese@dezshira.com), oder Herrn Fabian Knopf (Fabian.Knopf@dezshira.com) von dem Beratungsunternehmen Dezan Shira & Associates.