Teil 4 der Serie: Mitarbeiterentsendung ins Ausland mit Hinweisen zu China (Folge 1 von 2)

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RA/FAStR/FAHuGR Sebastian Korts, MBA, M.I.Tax, Köln 1

Dieser Artikel erschien zuerst in der Fachzeitschrift: “Die Steuerberatung”, Heft 9/2013, S. 342 ff. (Vgl. Fn. 1). www.korts.de/pdf/chinaentsendung.pdf

Jan. 29 – Exkurs: Mitarbeiterentsendung nach China

Nach diesen grundsätzlichen Ausführungen soll der Blick auf die Entsendung von Mitarbeitern nach China gerichtet werden. Hinzuweisen ist auf das chinesische Recht, welches bei illegaler Beschäftigung Strafen für den Angestellten und den Arbeitgeber vorsieht.

Steuerrecht

Zwischen Deutschland und der Volksrepublik China gilt das Abkommen vom 10.6.1985 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen,2 das am 14.5.1986 in Kraft getreten ist. Hongkong wurde mit Wirkung ab 1.7.1997 ein besonderer Teil der VR China, Macau am 20.12.1999. Das allgemeine Steuerrecht der VR China gilt in beiden Gebieten jedoch nicht. Damit ist das zwischen der BRD und der VR China abgeschlossene DBA sowohl in Hongkong 3 als auch in Macau nicht anwendbar.4

Zur Auslegung einzelner DBA-Normen bestehen in der VR China verschiedene Erlasse; zu nennen sind:

  • „Circular on How to Interpret and Recognize the ,Beneficial Owner’ in Tax Agreements“,5
  • „Provisional Administrative Measures for Claims for Tax Treaty Benefits by Non-residents“,6
  • „Notice of the SAT on Certain Issues concerning the Implementation of the Articles on Royalty Payment in Tax Treaties“,7
  • „Circular on Issues Regarding Implementation of Some Clauses of Tax Treaties“.8

Hervorzuheben sind außerdem die China/Singapore DTA Interpretation Notes (Impacts on individuals working in China),9 die den aktuellen Stand der Interpretation bzw. Auslegung und der praktischen Anwendung des DBA wiedergeben. Sie sind anwendbar auf alle DBA, sofern die Bestimmungen vergleichbar sind, und vorrangig gegenüber älteren Auslegungen. Als wichtige Beispiele daraus werden für eine kurze Darstellung die Art. 4 und 5 herausgegriffen:

Art. 4: Wenn die betreffende Person in China „resident“ ist, besteht umfassende Steuerverpflichtung in China nach dem Welteinkommensprinzip. Jemand ist „resident“, wenn er ein „domicile“ in China hat, oder bei einem vollen Aufenthaltsjahr im Kalenderjahr. Der volle Aufenthalt kann umgangen werden, wenn die Person mehr als 30 Tage am Stück oder 90 Tage insgesamt im Kalenderjahr abwesend ist.

Art. 5 erkennt eine Betriebstätte schon bei bloßer „Service PE“ an, wenn sie länger als sechs Monate (183 Tage) in einem beliebigen Zwölf-Monats-Zeitraum vorhanden ist. Die Voraussetzungen einer solchen Dienstleistungsbetriebsstätte und damit die Unterscheidung zwischen einer Entsendung und einer Betriebsstätte können sich aus verschiedenen Vermutungen ergeben, die in dem Circular 75 niedergelegt sind.

Ein Unterfall der Betriebsstätte ist die „Agent PE“, die Vertreter-Betriebsstätte. Ausreichend zu deren Bejahung ist die Mitwirkung bei der Verhandlung der wesentlichen Bestandteile eines Vertrags; auf den Ort der Unterschrift kommt es nicht immer an. Auf die Besonderheit der Ausgestaltung eines „Rep. Office“ im chinesischen Zivilrecht ist ergänzend hinzuweisen.

§ 47 Enterprise Income Tax Law sieht eine allgemeine Missbrauchsvorschrift („Anti Avoidance Doctrin“) mit den folgenden als Stichworten angedeuteten Prüfungsbereichen vor: Reasonable commercial Substance, Beneficial Ownership, Limitation of Benefits, Substance over Form.

Die Besteuerung von deutschen Arbeitnehmern mit chinesischen Einkünften richtet sich nach Art. 15 des abgeschlossenen DBA-China, welcher im Wesentlichen dem Musterabkommen entspricht. In Art. 15 Abs. 1 Satz 1 DBA-China werden ergänzend noch Art. 20 und 21 betreffend Lehrer, Forscher und Studenten erwähnt. Die Ausnahmeregel des Art. 15 Abs. 2 Buchst. a bezieht sich nicht auf das Steuerjahr, sondern benennt das Kalenderjahr als Referenzzeitraum. In Art. 15 Abs. 2 Buchst. c wird ergänzend zu der Betriebsstätte die feste Einrichtung aufgeführt.

Bei der Einkommensbesteuerung gilt der Grundsatz: Einkommenszahlungen direkt aus chinesischer Quelle, sei es von einem chinesischen oder einem ausländischen Arbeitgeber, werden in China immer der Steuer unterworfen – egal wie kurz oder lange der Aufenthalt in China dauert.

„Ansonsten“ wird von chinesischer Seite bei der Individual Income Tax als Kriterium abgefragt, ob der entsandte Mitarbeiter in China wohnhaft („Domicil“) ist. Er ist wohnhaft, wenn er volle fünf Jahre ansässig war. Als solcher ist er mit seinem Welteinkommen in China steuerpflichtig.

Hinsichtlich einer Aufenthaltsdauer unter fünf Jahren greift eine Abstufung der Steuerpflicht bzw. der zu besteuernden Steuerquellen nach der zeitlichen Dauer des jeweiligen Aufenthalts:

Bei einem Aufenthalt bis zu 90 Tagen besteht keine Steuerpflicht. Besteht ein DBA mit dem Heimatland, so verlängert sich diese „Schonfrist“ auf 183 Tage. Allerdings muss der obige Grundsatz beachtet werden: Erfolgt die Zahlung direkt aus chinesischer Quelle, so ist auch bei Aufenthalten unter 90 bzw. 183 Tagen eine Steuerpflicht gegeben!

Dauert der Aufenthalt länger als 90 bzw. 183 Tage, aber weniger als ein Jahr an, wird das Einkommen besteuert, welches aus Tätigkeiten für oder in China „herrührt“, auch wenn es im Ausland bezahlt wird; nicht besteuert wird hingegen das Einkommen von außerhalb Chinas.

Soweit jemand länger als ein Jahr (er ist dann „resident“), aber kürzer als fünf Jahre ansässig ist, wird er zur chinesischen Einkommensteuer herangezogen für Einkommen aus chinesischer Quelle („China sourced income“) sowie für ausländisches Einkommen, welches von einer chinesischen Einheit „getragen“ wird („Offshore income borne in China“).

Bei der Frage der Ansässigkeit sind Abwesenheiten von weniger als 30 zusammenhängenden Tagen bzw. weniger als 90 Tagen insgesamt im Kalenderjahr unbeachtlich, d.h., als Anwesenheit wird ein volles Kalenderjahr angerechnet. Um die Anrechnung zu unterbinden, müsste der Stpfl. z.B. eine mehr als 30 zusammenhängende Tage dauernde Auslandsreise antreten.

Es bleibt der Hinweis auf den Progressionsvorbehalt in Deutschland hinsichtlich der chinesischen Einkünfte eines deutschen Arbeitnehmers.

Das FinMin Schleswig-Holstein hat wiederholt, zuletzt am 16.6.2011, ein Schreiben über die zu führenden Nachweise i.S.d. § 50d Abs. 8 EStG der Besteuerung bei einer Tätigkeit in China erlassen.10 Danach müssen Stpfl., die neben den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in China auch außerhalb Chinas Einkünfte beziehen, innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf jedes Kalenderjahres eine Steuererklärung hierüber abgeben. Eingeschlossen sind Einkünfte, die im Zusammenhang mit der in China ausgeübten Tätigkeit stehen, z.B. Vergütung aus Aktienoptionen, die von einem nicht-chinesischen Unternehmen an einen nicht-chinesischen Arbeitnehmer nach dessen Ausreise aus China gezahlt wird, wenn sie (teilweise) auf eine Tätigkeit in China entfällt.

Besonderheiten gibt es auch auf chinesischer Seite zu beachten, soz.B. das Registrierungs- und Antragserfordernis in China. Ausländische Arbeitnehmer, die nach China entsandt werden, sind vom Arbeitgeber binnen 90 Tagen unter Angabe des Gehalts bei den Behörden registrieren zu lassen. Die Steuerbefreiung für chinesische Einkünfte des ausländischen Arbeitnehmers gem. Art. 15 Abs. 2 DBA-China wird in der Praxis nur gewährt, wenn dies mit der Registrierung beantragt wird. Je nach Aufenthaltsdauer in China gibt es nach nationalem chinesischen Steuerrecht weitere Abstufungen bei der Steuerpflicht von unselbständigen Einkünften ausländischer Arbeitnehmer.11

Es werden in der Praxis diverse Gestaltungsmöglichkeiten für die steuerlich optimalen Gehaltszahlungen der Expats vorgeschlagen: Eine Möglichkeit der Steuerminderung soll der Weg des Gehaltssplittings sein.12 Bedeutung kann die Ausnutzung eines Wohnsitzes in Hongkong und einer teilweisen Tätigkeit im Mainland China unter Berücksichtigung des zwischen diesen beiden Teilen abgeschlossenen Abkommens haben. Die Gestaltung einer nicht-chinesischen Quelle, wie der Gehaltszahlung für eine Geschäftsführerposition im Ausland, kann in Betracht kommen. Eine zeitliche Steuerung von Gehaltszahlungen über Bonuszahlungen/Optionspläne mag eine weitere Möglichkeit sein. Nicht steuerbares Einkommen zu schaffen, z.B. durch Umzugsübernahmen, Einlagerungskosten des Hausrats in Deutschland oder Mietübernahmen in China; Flugkosten bei Homeleaves, Ausbildungskosten für die Internate der Kinder sowie die Übernahme von Familienbeihilfen, ist je nach Fallgestaltung möglich.

Teil 3 der Serie: Mitarbeiterentsendung ins Ausland mit Hinweisen zu China (Folge 2 von 2)

Teil 4 der Serie: Mitarbeiterentsendung ins Ausland mit Hinweisen zu China (Folge 2 von 2)

1 Zurück Der Autor ist geschäftsführender Gesellschafter der Korts Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Köln (www.korts.de). Der vorliegende Aufsatz wurde erstmals veröffentlicht in der Fachzeitschrift Die Steuerberatung, Heft 9/2013, S. 342 ff.
2 Zurück  BGBl. II 1986 S. 446; BStBl I 1986 S. 329; BGBl. II 1986 S. 731; BStBl I 1986 S. 339.
3 Zurück Es gibt allerdings ein Abkommen zum Informationsaustausch in Strafsachen zwischen der BRD und Hongkong.
4 Zurück www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Internationales_Steuerrecht/Staatenbezogene_Informationen/Laender_A_Z/China/001.html.
5 Zurück Guoshuihan [2009] No. 601 vom 27.10.2009.
6 Zurück Guoshuifa [2009] No. 124 vom 24.8.2009.
7 Zurück Guoshuihan [2009] No. 507 vom 14.2.2009.
8 Zurück Goushuihan [2010] No. 46 vom 26.1.2010.
9 Zurück Guoshifa [2010] No. 75, vom 1.7.2010.
10 Zurück Vgl. FinMin Schleswig-Holstein vom 16.6.2011, VI 305 – S 1300 – 541, Haufe Steuer Office Version 17.2.0.0, HaufeIndex 2744381.
11 Zurück Vgl. eingehend Hasbargen/Preising, IStR 2012 S. 143 ff.
12 Zurück Es soll allerdings auch Fälle geben, in denen eine zu ausgefuchste Steuergestaltung Probleme auf beiden Seiten der Grenze ergeben hat. Dies führt regelmäßig zu der Frage, ob der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer die Mehrsteuern richtig kalkuliert hat.

 

 

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Fabian Knopf, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates Fabian.Knopf@dezshira.com

Silke Neugebohrn, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates
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