Ein Vergleich unterschiedlicher Beschaffungsmodelle in China

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28. Juni – Eine vergleichende Darstellung zwischen dem Gebrauch von Repräsentanzen, Dienstleistungs- und Handelsunternehmen im Hinblick auf eine optimale Ausgestaltung von Beschaffungsaktivitäten in China.

Die Etablierung eines unternehmensspezifischen Modelles zur Beschaffung notwendiger Güter, Komponenten und Rohmaterialien ist ein wesentlicher Faktor zur Generierung von langfristigem Erfolg und betrifft deshalb sämtliche ausländische Unternehmen unabhängig davon, ob sie in die Herstellung, die Zusammensetzung, den Einkauf oder die Gestaltung von Produkten involviert sind. Eine erfolgreiche Durchführung von Aktivitäten wie Preisverhandlungen, die Suche nach Zulieferern, Export-Formalitäten, Qualitätskontrollen etc. erfordert ab einem gewissen Punkt die Errichtung einer permanenten Niederlassung. Bei der Gestaltung einer Beschaffungs-Plattform in China stehen ausländischen Investoren grundsätzlich drei Möglichkeiten zur Verfügung:

  1. Repräsentanz
  2. Service-Unternehmen
  3. Handels-Unternehmen

Die Auswahl einer passenden Beschaffungs-Plattform hängt sowohl vom Umfang der Aktivitäten als auch von den Zielen des jeweiligen Unternehmens. Im Anschluss erfolgt ein kurzer Überblick hinsichtlich definierender Charakteristika und Unterschieden der drei Sourcing-Optionen.

Repräsentanzen

Eine Repräsentanz ist kostengünstig und einfach zu errichten. Obschon die regulatorischen Rahmenbedinungen bezüglich dem erlaubten Umfang an Aktivitäten solcher Einheiten teilweise undurchsichtig erscheint, verwenden ausländische Investoren sie im Normalfall für folgende Aktivitäten:

–          Suche nach neuen Lieferanten

–          Pflege von Beziehungen zu bestehenden Lieferanten

–          Koordination von Beschaffungsaktivitäten

–          Qulitätskontrollen von Fabrikationsstätten

Repräsentanzen agieren als verlängerter Arm der Muttergesellschaft. Sie verfügen jedoch nicht über eine rechtliche Persönlichkeit und können aus diesem Grund nur indirekt mit chinesischen Unternehmen zusammenarbeiten. Eine Einzahlung von Stammkapital ist nicht notwendig, weil Repräsentanzen als Kostenstelle agieren. Die Finanzierung erfolgt aufgrund der jeweiligen Bedürfnisse. Repräsentanzen deren Aktivität sich auf die Beschaffung von Gütern bezieht werden üblicherweise auf Basis ihrer Bruttoausgaben besteuert. Der Steueraufwand beläuft sich auf etwa 11,75% der gesamten monatlichen Ausgaben. Abhängig von der zugehörigen Industrie kann dieser Satz allerdings auch höher ausfallen. Ausländische Unternehmen mit der Absicht eine Repräsentanz zu eröffnen müssen zusätzlich mindestens zwei Jahre alt sein.

Desweiteren darf eine Repräsentanz nur ein Maximum an vier ausländischen Arbeitskräften beschäftigen. Ausländische Arbeitskräfte sollten sich in einem Arbeitsverhältnis mit der Muttergesellschaft befinden, die Austragung rechtlicher Konflikte unterliegt der Gerichtsbarkeit des Herkunftslandes der Muttergesellschaft. Chinesische Mitarbeiter müssen, obschon deren Anzahl keiner Obergrenze unterliegt durch eine offizielle Personalvermittlungs-Agentur angestellt werden. Diese unterschreibt einerseits den Vertrag im Namen der Repräsentanz und garantiert andererseits den Angestellten die monatlichen Beitragszahlungen in die Sozialversicherung und den Wohnungsfond. Der Grund für diese Restriktion liegt im Schutz der Interessen der Arbeitnehmer. Denn ein Arbeitnehmer soll das Recht haben seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Da Repräsentanzen nicht als selbständige rechtliche Einheit betrachtet werden,  können Arbeitnehmer ihr gegenüber keine Ansprüche geltend machen. Die Einschaltung der Personalvermittlungs-Agentur beseitigt dieses Problem, da sie zur rechtlichen Ansprechsperson der Arbeitnehmer wird.

Die Errichtung und Unterhaltung einer Repräsentanz ist vergleichsweise einfach. Dahingegen ist der Umfang an Geschäfts-Aktivitäten beschränkt. Das Ausstellen von Rechnungen oder Unterschreiben von Verträgen ist nicht gestattet. Darüberhinaus ist der Unterhalt einer Repräsentanz kostpielig. Denn die auf die Bruttoausgaben geschuldete Steuer von 10-11% wiegt zumeist schwerer als die Versteuerung des Gewinns im Rahmen einer Gesellschaft mit eingeschränkter Haftung.

Dennoch greifen viele ausländische Unternehmen mit Interesse an der Beschaffung von Gütern aus China auf Repräsentanzen zurück, da sie nur eine beschränkte Anzahl von Arbeitnehmern für die Suche von Lieferanten oder Qualitätskontrollen brauchen. So lange die Ausgaben tief gehalten und sich die Geschäftsaktivitäten innerhalb des gleichen Rahmens wie der Muttergesellschaft bewegen existiert wohl keine besserere Option. Viele ausländische Unternehmen verwenden Repräsentanzen dazu Büros zu mieten, lokale Arbeitskräfte zu rekrutieren oder Visas und Arbeitsbewilligungen für ihre eigenen Mitarbeiter zu erhalten.

Aktiengesellschaft

Im Gegensatz zu einer Repräsentanz ist es einer Aktiengesellschaft (limited liability company – LLC) gestattet Profite zu machen, oder Rechnungen ihrer Zulieferer in RMB zu begleichen. Die Haftung der Aktionäre beschränkt sich auf das eingebrachte Gesellschaftsvermögen. Ebenso kann eine Aktiengesellschaft direkt lokale Arbeitskräfte beschäftigen ohne auf eine Personalvermittlungsagentur zurückgreifen zu müssen.

Obschon keine offiziellen Richtlinien hinsichtlich einer Beschränkung  an ausländischen Arbeitskräften existiert, besteht trotzdem die Wahrscheinlichkeit einer Einflussnahme der Ämter auf die konkrete Anzahl abhängig vom Profil der Kanditaten, der Stellenbeschreibungen und dem registrierten Kapital.

Bei der Errichtung einer Aktiengesellschaft verpflichtet sich der Investor eine definierte Summe zu investieren (sog. registriertes Kapital). Das registrierte Kapital ist die anfängliche Investition in ein Unternehmen, welche für die Finanzierung der Geschäftstätigkeiten benötigt wird, bis das Unternehmen fähig ist sich selbst zu finanzieren. Das absolute Minimum an Kapital beträgt 30,000 RMB für Aktiengesellschaften mit mehreren Aktionären und 100,000 RMB für Aktiengesellschaften mit einem einzigen Aktionär. In der Praxis variieren diese Beträge zwischen unterschiedlichen Industrien, Regionen oder gar Stadtteilen.

Die chinesischen Authoritäten verwenden das Minimum an Kapital gewissermassen als Eintrittsbarriere zur Sicherstellung, dass die Aktiengesellschaften über eine gewisse Qualität verfügen. Diese Anforderung an das Minimum an Kapital ist jedoch kein hinreichendes Kriterium bei einer Schätzung über die Höhe der notwendigen Kapitalisierung. Oftmals übersieht man Aufwendungen wie: Nachträgliche Registrierungskosten, Zölle, Steuern oder Verspätungen die zusätzliches Kapital benötigen. Die Refinanzierung eines Unternehmens im Falle einer Erschöpfung der finanziellen Mittel gestaltet sich als komplizierte Prozedur, wobei gar eine Hinzurechnung des Betrages zum steuerbaren Einkommen resultieren könnte.

Es bestehen unterschiedliche Möglichkeiten die Einzahlung des registrierten Kapitals vorzunehmen: Als Einmalzahlung oder Teilsummen entweder als Bargeld oder Sachwert. Der Plan zur Einzahlung registierten Kapitals wird in der Unternehmenssatzung und der Machbarkeitsanalyse festgehalten. Sowohl Unternehmenssatzung und Machbarkeitsanalyse sind notwendig bei der Gründung einer Aktiengesellschaft.

Im Hinblick auf die Durchführung von Beschaffungsaktivitäten bieten sich zwei Arten von Aktiengesellschaften an:

–          Dienstleistungsunternehmen

–          Handelsunternehmen

Dienstleistungsunternehmen

Ein Dienstleistungsunternehmen ist eine Aktiengesellschaft, deren Kernaktivität darin besteht Dienstleistungen gegenüber Drittparteien anzubieten. Ausländische Investoren mit einem Bezug zu Beschaffungsaktivitäten verwenden diese Organisationsform um Markt- oder Lieferantenforschung, Qualitätskontrollen, Produktentwicklungen, Design- oder logistische Unterstützungs-Dienstleistungen durchzuführen.

Das Dienstleistungsunternehmen ist die am einfachsten zu errichtende Variante der Aktiengesellschaft. Die Anforderung an Kapital und Zeit sind geringer als beispielsweise bei Handels- oder Produktions-Unternehmen.

Dienstleistungsunternehmen mit einer Involvierung in Beschaffungsaktivitäten unterstützen ihre ausländischen Muttergesellschaften oftmals zusätzlich durch die Erbringung von allgemeinen oder technischen Beratungsdienstleistungen. Ein Beispiel wäre ein ausländisches Unternehmen, welches Formkörper und Arbeitsgeräte an einen Erstausrüster (original equipment manufacturer) in China liefert. Das Dienstleistungsunternehmen wirkt dabei unterstützend indem es die notwendigen Ingenieure, Techniker und Qualitäts-Kontrolleure anstellt, welche einen reibungslosen Ablauf des Technologie-Transfers, der technologischen Beratung und technologischer Entwicklung ähnlicher Produkte vereinfachen. Das Dienstleistungsunternehmen kann die erbrachten Leistungen entweder in China oder im Ausland in Rechnung stellen.

Abhängig von der Industriezugehörigkeit unterliegen Dienstleistungsunternehmen der Gewerbe- oder der Mehrwertsteuer. Im Jahr 2012 startete China ein Programm zur Zusammenführung der beiden Steuern. Dieser Prozess soll erwartungshalber am 1. August 2013 für Dienstleistungssektoren wie: R&D, Technologie, IT, Logistik, Kultur, kreative Industrien und Beratung abgeschlossen sein. Innerhalb dieser Sektoren ersetzt ein Mehwertsteuersatz von 6% die Gewerbesteuer.

Dienstleistungsunternehmen zeigten sich als bewährte Alternativen gegenüber einer Repräsentanz. Insbesondere dann, wenn sich das operative Geschäft einer Repräsentanz ausweitet und damit einhergehend die Kosten steigen. Da Repräsentanzen auf Basis ihrer Kosten besteuert und Dienstleistungsgesellschaften auf Basis des Gewinns, kommt es unweigerlich zu einem Punkt ab welchem die Repräsentanz nicht mehr die kostengünstigste Option für den ausländischen Investor darstellt. Im Zusammenhang mit einer Verschärfung der Regeln für Repräsentanzen im Jahr 2010 entschieden sich manche Investoren dazu ihre Repräsentanz in eine Dienstleistungsgesellschaft umzustrukturieren. Eine grundlegende Analyse der Ausgaben und möglichen Alternativen zum Geschäftsmodell verdeutlichen wie diese strukturelle Änderung helfen kann Steuern zu sparen und gleichzeitig die Flexibilität der Operationen zu erhöhen.

Handelsunternehmen

Um Import und Export Aktivitäten oder inländische Distribution in China vornehmen zu können (z.B. Retail, Wholesale und Franchising), sollte ein Handelsunternehmen gegründet werden (sog. foreign-invested commercial enterprise, FICE). Ein FICE kann kostengünstig errichtet werden und hilft ausländischen Investoren sowohl bei Suche von Lieferanten und Qualitätskontrollen, als auch beim Einkauf und Export Einrichtungen. Im Vergleich zur Organisation von Beschaffungsaktivitäten aus dem Ausland bietet ein FICE grössere Kontrolle und schnellere Reaktionszeiten.

Daneben ist ein FICE ebenso die ideale Wahl für ausländische Unternehmen, welche in China Beschaffungsaktivitäten verfolgen, um die Güter anschliessend innerhalb Chinas weiterzuverkaufen. Betriebe man die Beschaffungsaktivitäten aus dem Ausland, müssten die Güter erst aus China ausgeliefert werden, um sie dann in China wiederzuverkaufen. Dabei fallen zusätzliche logistische Kosten, Zölle und die Mehrwertsteuer an.

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf China Briefing veröffentlicht. Zum Artikel.

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