Unterwegs in der Shanghaier Peripherie (1/2)

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Erster Teil

Von Walter-Johannes Spöhring, Dezan Shira & Associates

Ein persönlicher Eindruck vom Alltag eines Geschäftsreisenden im Industriegürtel der Yangtse-Mündung

8. Dezember – Es ist ein Donnerstagmittag im November 2010. Ich bin im Shanghaier Büro von Dezan Shira & Associates und in wenigen Minuten werde ich zu einer Geschäftsreise aufbrechen. Meine Tasche ist gepackt, ich verlasse das Büro und betrete im 18. Stockwerk einen Aufzug Richtung  Erdgeschoss. Vorbei an dem freundlich grüßenden Portier verlasse ich das Tian An Centre und stehe auf dem People‘s Square inmitten der Stadt. Mein Reiseziel heute ist ein Industrie-Park in Kunshan. Kunshan liegt ungefähr 60 km von Shanghai entfernt. Zunächst geht es aber mit der Metro Linie 2 zum Hongqiao-Bahnhof im Westen der Stadt. Der nächste Eingang zur Metro befindet sich auf der anderen Straßenseite. Daher versuche ich die dreispurige Einbahnstraße zu überqueren.

Der Bahnhof Hongqiao, die hinteren Bahnsteige sind noch ungenutzt.

Wie erwartet, lassen sich die Verkehrsteilnehmer durch eine Einbahnstraße ebenso wenig beeindrucken, wie durch die Farben einer Ampel. Zu den ungefähr einem Dutzend Autos aus der richtigen Richtung kommen etwa 20 Elektroroller und Motorräder aus der Gegenrichtung hinzu. Eine gute Mischung aus Wachsamkeit und Gelassenheit ist als Fußgänger überlebenswichtig und auch sonst ist diese Eigenschaft in China von Vorteil. Auf der anderen Seite angekommen laufe ich an einem Kaffeehaus einer großen amerikanischen Kette vorbei. Von dessen Dachterrasse hat man übrigens einen schönen Blick auf den Park. Noch ein paar Meter bis zum Eingang in die Metro Station.

 

Durch eine unterirdische Einkaufspassage schwimme ich in einem Meer aus Menschen zu einer Rolltreppe, die zum Eingang der Linie 2 führt. Wie alle anderen Passagiere mit Gepäck, lasse ich meine Tasche vor dem Eingang durch ein Röntgengerät prüfen, der Mann mit blauer Uniform, der am Monitor sitzt, beschäftigt sich jedoch lieber mit seinem Handy anstatt sich den Inhalt meiner Tasche anzusehen. Anschließend halte ich schon mein wiederaufladbares Nahverkehrsticket vor die Barriere. Per Funk (RFID) wird mein Kontostand überprüft, drei Yuan werden abgebucht und das Tor zum Bahnsteig öffnet sich für mich. Jetzt noch ein paar Treppenstufen hinunter bis zum Bahnsteig.

Ein chinesischer Schnellzug vom Typ CRH3 auf der technischen Basis des Siemens Velaro gebaut.

In diesem Moment fährt mein Zug mit Richtung Xujing East ein. Ich dränge mich in einen der überfüllten Waggons. Die Linie 2 verbindet beide Flughäfen der Stadt. Der neue Airport Pudong, im gleichnahmigen Teil der Stadt im Osten  liegend, wird auf diese Weise mit dem Flughafen Hongqiao im äußersten Westen von Puxi verbunden. Pro Jahr nutzen stolze 43 Millionen Passagiere diese Flughäfen.   

Der Zug wird von Station zu Station leerer. Nach ungefähr 10 Minuten bekomme ich sogar einen Sitzplatz. Weitere 20 Minuten später erreiche ich den Hongqiao-Bahnhof, der direkt neben dem gleichnamigen Flughafen liegt.

Der im Jahr 2010 gebaute Bahnhof hat beeindruckende Ausmaße. Von 16 Bahnsteigen fahren Schnellzüge innerhalb von 73 Minuten in das 300 km entfernte Nanjing. Ab 2011 fahren Schnellzüge auch von diesem Shanghaier Bahnhof nach Peking ab. Manche Züge halten an Zwischenstationen, an denen sich ein Großteil der chinesischen Wirtschaft befindet sowie wichtige Industrie-Parks, wie zum Beispiel in den Orten Suzhou, Wuxi oder Kunshan. Die Strecken nach Nanjing und Peking haben separate Gleise, verlaufen aber teilweise parallel nebeneinander. Beide Strecken sind für eine Geschwindigkeit bis zu 350 km/h beziehungsweise 380 km/h ausgelegt. Nach kurzem Warten werden die Passagiere für meinen Zug nach Nanjing, der in Kunshan hält zum Boarding aufgerufen. Die Einsteigeprozedur erinnert an einen Flughafen. Erst nach einem Scan meines Tickets wird mir der Zugang zum Bahnsteig gewährt, mit dem Ticket ist automatisch eine Reservierung des Sitzplatzes verbunden.

Das Fahrzeug ist ein Zug des Typs CRH3, es handelt sich dabei um einen Velaro von Siemens. Der ICE 3 der Deutschen Bahn basiert auf der gleichen Technik, somit verwundert die optische Ähnlichkeit nicht. Ich besteige Wagen Nr. 1 in der Economy Class und nehme auf meinem Sitz Platz. Die Bestuhlung ist mit 2 Plätzen links und 3 Plätzen rechts ein wenig eng, der Fußraum ist aber angenehm groß. Pünktlich um 12:05 startet Zug G7140. Verspätungen sind in China bei den Schnellzügen selten. Musische Klänge durchströmen den Fahrgastraum – ungewohnt für einen deutschen Bahnfahrer. Hinter mir sitzt eine Gruppe aus zwei deutschen und einem Chinesen. Den Gesprächsthemen nach zu urteilen handelt es sich um Ingenieure. Eine Zugbegleiterin serviert ihnen während der Bahnhofausfahrt eine warme Mahlzeit.

Durch ein im Vergleich zu europäischen Bahnhöfen schlichtem Gleisvorfeld ist der Zug unmittelbar nach dem Verlassen der Station auf der Schnellfahrstrecke und beschleunigt. Nach geschätzten 5 Minuten fahren wir bereits mit über 200 km/h. Kurze Zeit später zeigt die Anzeige 320 km/h an. 

Lesen Sie den zweiten Teil hier

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