Unternehmensführung im Hinblick auf eine chinesische Bankenkrise

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Ein Kommentar von Chris Devonshire-Ellis – Managing Partner, India & Singapore

12. Juli – In letzter Zeit häuften sich Stimmen, die auf die Gefahr einer chinesischen Bankenkrise hinweisen. Unterschiedliche Rating-Agenturen und Finanzanalysten legen einem die Verfehlungen des chinesischen Banken- und Finanzsektors nahe. Das undurchschaubare chinesische System erschwert einem jedoch eine genaue Meinungsbildung. Ein grosser Teil der Aussagen ist deshalb schwer zu belegen und eher theoretischer Natur.

Die Abschwächung der chinesischen Güter-Produktion und Verringerung eingehender ausländischer Direktinvestitionen wurde als anhaltender Effekt der globalen Wirtschaftskrise abgetan. Shenzhen ein Zentrum für IT und High-Tech-Produktion und mitunter eine der bedeutendsten Städte in China weist derzeit die geringste Wachstumsrate seit 1979 auf. Dies hat jedoch nichts mit einer globalen Wirtschaftskrise, sondern mit hohen Löhnen und Investitionen in die Infrastruktur zu tun, die nur schwer aufrechtzuerhalten sind. Paradoxerweise betrug das Wachstum des globalen BIPs im letzten Jahr mehr als zwei Prozent, wohingegen sich das BIP Wachstum in China abkühlt. Die hohen Kosten führen nun manchen Analysten zur Einsicht, dass nicht jeder Aspekt des mittlerweile 20 Jahre andauernden chinesischen Produktions-Booms nachhaltiger Natur ist.

Wie auch immer eine solche Krise ist nichts Neues für China. Ein Blick in die Vergangenheit mag deshalb Aufschluss über voraussichtliches Verhalten in einer Krise geben. Die letzte Krise im chinesischen Bankensystem liegt nicht allzuweit in der Vergangenheit, obschon vermutlich vor der Zeit vieler ausländisch investierter Unternehmen. Wir müssen die Uhr lediglich um 13 Jahre zurückstellen um zu sehen, was in den Jahren 1999 und 2000 geschah.

Zu diesem Zeitpunkt förderte China ausländische Investitionen in eine Vielzahl staatsnaher und –gestützter Finanzinstitute. Eine davon war das damals größte Unternehmen in staatlicher Hand, die Guangdong International Trust & Investment Corporation (GITIC). Dieses staatlich gestützte Unternehmen nahm eine grosse Anzahl an ausländischem Kapital auf, um dieses anschließend in eines der vielen Infrastruktur-Projekte der Provinz Guangdong zu stecken. Dies machte insofern Sinn als die Provinz auf dem Weg war zu Chinas größtem Produktionsstandort zu werden und sich die Wachstumsraten in astronomischer Höhe bewegten.

Eine Vielzahl schlechter Investitionen gekoppelt mit nicht liquidierbaren Projekten (Zhuhai’s internationaler Flughafen war eines davon) und grassierender Korruption führten letztendlich zur Insolvenz von GITIC. Mit Hinterlassung eines Schuldenberges in der Höhe von 4,7 Milliarden US Dollar handelt es sich bis dato um den schwerwiegendsten Unternehmenskonkurs der chinesischen Geschichte. Ebenso hatte China Probleme mit Krediten und den ausländischen Währungsreserven. Es war zu dieser Zeit auch nichts Ungewöhnliches, wenn ausländische Unternehmen bis zu sechs Monate auf die Rückführung der Gewinne von RMB in ihre ausländische Währung warten mussten, weil diese von der State Administration for Foreign Exchange (SAFE) aufgehalten wurden. Der Konkurs von GITIC war zu viel für den chinesischen Staatshaushalt, welcher darauffolgend den Schulden gegenüber ausländischen Investoren nicht nachkam. Chinesische Gläubiger wurden zuerst bedient und ausländische Besitzer von Obligationen mussten hinten anstehen.

China rechtfertigte die Nichtbegleichung der Schulden gegenüber den ausländischen Investoren schlussendlich durch die Nichtbefolgung einer Formalität, wonach sämtliche ausländische Investitionen über SAFE deponiert hätten werden sollen. Es folgten heftige Diskussionen, was dies zu jener Zeit überhaupt genau bedeutete.

Obschon generell Konsens über das nicht ehrbare Verhalten von China bestand, versäumten es auch viele ausländische Anleger einen genaueren Blick auf Chinas Insolvenzrecht und dessen Einschränkungen zu werfen. Interessierte Leser finden eine exzellente juristische Zusammenfassung des Falls im Archiv des International Financial Law Reviews.

In Anbetracht substantieller Verluste adjustierten international tätige Banken ihre Richtlinien hinsichtlich der Kapitalvergabe an China. Als Resultat kam der Strom ausländischer Kredite nach China zum erliegen. In der Zwischenzeit beriet Dezan Shira & Associates eine Vielzahl an Kunden, denen es nicht möglich war die ursprünglichen Investitionskredite an den Hauptsitz zurückzuführen, weil SAFE die Währungsreserven ausgingen. Da die Gewinne in China feststeckten, ohne Aussicht einer baldigen Möglichkeit einer Rückführung ins Ausland, rieten wir unseren Kunden Steuererleichterungen und Anreize für Re-Investitionen der Gewinne innerhalb von China zu beantragen.

Unterdessen rückte eine weitere Deadline näher: China sollte Mitglied der WTO werden. Diese Nachricht genoss fortan höhere Priorität als die Sorge um Kreditausfälle staatsnaher Unternehmen. Nach vielem Jammern und Klagen der internationalen Kreditgeber ging der Vorfall in der Euphorie um den WTO Beitritt schrittweise unter. In den Augen eines ausländischen Investors haben sich die Rahmenbedingungen seither über die letzten 13 Jahre nicht merklich verändert.

Trotzdem wurden nach dem GITIC-Skandal gewisse Änderungen im Insolvenzrecht vorgenommen. Im Jahr 2007 trat das neue Insolvenzrecht für Unternehmen in Kraft (hier finden sie eine hilfreiche Zusammenfassung von Weil Gotshal & Manges), welches in den meisten Konkursfällen ausländisch investierter Unternehmen zur Anwendung kommen wird. Die Paragraphen unterlagen bis dahin jedoch noch keinem ausgiebigen Test. Der aktuelle Fall des Konkurses von Suntech ist ein erster Fall der vermutlich etwas Licht auf die Vor- und Nachteile des Insolvenzrechts werfen wird.

Von größerer Sorge ist jedoch, dass in China keine effektiven Mechanismen für die Insolvenz von Banken und Finanz-Instituten besteht, obschon eben diese Unternehmen zurzeit eine Krise durchlaufen. Allfällige Mechanismen befinden sich bestenfalls in der Entwurfsphase. Der Grund dafür wurzelt in der kommunistischen Überzeugung, dass der Staat nicht konkurs gehen kann, was sich jedoch im Zuge des GITIC Skandals als überholt erwies.

Was können wir aus der Betrachtung des GITIC Skandals im Hinblick auf die aktuelle Besorgnis um den Zustand des chinesischen Bankensystems lernen? Sollte es ungemütlich werden, empfehle ich folgendes:

1. Geld nach China zu bringen wird niemals ein Problem sein. Bei der Rückführung könnten allerdings Komplikationen entstehen. Verfügen ausländisch investierte Unternehmen über überschüssige Gewinne, wäre jetzt der optimale Zeitpunkt für eine Rückführung.

2. Untersuchen Sie, ob Mittel der Gesellschaft in chinesische Vermögensverwaltungs-Vehikel investiert wurden. Denn der chinesische Staat hat gezielt lokale Mitarbeiter kontaktiert und sie dazu ermuntert Gesellschaftsvermögen in solche Instrumente zu investieren. Prüfen Sie deshalb in der Buchhaltung, ob solche Positionen bestehen. Denn es braucht keine ausländischen Unterschriften, um in solche Instrumente investieren zu können. Die Initiative des lokalen Buchhalters ist ausreichend und solche Fälle sind uns durchaus bekannt. Die Investition in solche Vehikel ohne Ihr Wissen ist also durchaus wahrscheinlich. Viele dieser chinesischen Vermögensverwaltungs-Fonds enthalten notleidende Bankkredite.

3. Falls die Banken tatsächlich in einen Liquiditätsengpass geraten, besteht die Möglichkeit, dass Kredite oder gar Hypotheken zurückgefordert werden. Hierbei sind ausländische Investoren aufgrund politischer Nuancen zu einer höheren Wahrscheinlichkeit betroffen als chinesische Unternehmen oder Individuen. Aus diesem Grund sollte die Auswirkung einer Kreditklemme geprüft und in Zusammenarbeit mit dem Hauptsitz Pläne für alternative Finanzierungsmodelle ausgearbeitet werden. Obschon ich oben erwähnte, es sei kein Problem Geld nach China zu schaffen gilt auch diesbezüglich: Vorsicht ist besser als Nachsicht.

Wie ich am Anfang angetönt hatte, ist es stets schwierig zu wissen, woran man in China genau steht. Aber eine Sache hat sich während meiner 20 jährigen Beratungstätigkeit  in China stets bewahrheitet: In Zeiten erhöhter Unsicherheit ist finanzielle Besonnenheit der beste Weg zum Erfolg. Aus diesem Grund rate ich ausländischen Investoren dazu Risiken zu minimieren, bis die Lage wieder deutlicher wird.

Nichtsdestotrotz nicht alles ist düster und grau. Für gut geführte Unternehmen ist jede Krise auch mit Chancen verbunden. Im Jahr 2000 halfen wir beispielsweise diversen Kunden mit der Akquisition von Aktien und Vermögenswerten, weil damals viele multinationale Unternehmen und Unternehmer von den Überresten schlecht geführten Unternehmen profitieren wollten und sich dementsprechend positionierten. Insolvenzen in China können also durchaus positive Auswirkungen auf ausländisch investierte Unternehmen haben, der Trick besteht jedoch darin während turbulenter Zeiten sein eigenes Geschäft abzusichern.

Chris Devonshire-Ellis Chef der Gruppe, Dezan Shira & Associates, – ein Spezialist für Auslandsinvestitionen, das Unternehmensgründung und –beratung, Steuerberatung und –erklärungsdienste, Buchhaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Due Diligence und Finanzanalysen für multinationale Investoren im aufstrebenden Asien.

Chris Devonshire-Ellis Chef der Gruppe, Dezan Shira & Associates, – ein Spezialist für Auslandsinvestitionen, das Unternehmensgründung und –beratung, Steuerberatung und –erklärungsdienste, Buchhaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Due Diligence und Finanzanalysen für multinationale Investoren im aufstrebenden Asien.

Bei Fragen zu Wirtschaftsthemen, Steuern, Buchhaltung und Unternehmensgründungen in Asien kontaktieren Sie bitte:
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Fabian Knopf, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates
Fabian.Knopf@dezshira.com

Silke Neugebohrn, Sr. Associate, Co-Head of German Desk, Dezan Shira & Associates
Silke.Neugebohrn@dezshira.com

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