Deutsch-Chinesische Kooperation zur Elektromobilität

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Dieser Artikel erschien zuerst auf China Observer

Die bilaterale Kooperation zwischen der chinesischen und deutschen Regierung hat im Jahr 2014 eine besondere Intensität erlangt und wurde von zahlreichen hochrangigen Besuchen begleitet, in deren Rahmen die Zusammenarbeit zur Elektromobilität thematisiert wurde. So reiste Präsident Xi Jinping im März nach Deutschland, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel im April und zuletzt Bundeskanzlerin Angela Merkel im Juli nach China. Darüber hinaus stehen im Herbst die nächsten Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen an, zu denen das chinesische Kabinett in Berlin erwartet wird. 

Der Bereich Elektromobilität gewinnt im Rahmen der Zusammenarbeit dabei zunehmend an Bedeutung, verbindet beide Länder doch ihr Bestreben, Leitmärkte und Leitanbieter für diese neue Antriebstechnologie zu werden. Seit Gründung der Deutsch-Chinesischen Strategischen Partnerschaft für Elektromobilität im Jahr 2011 hat die Zusammenarbeit deutlich an Fahrt gewonnen. Neben gemeinsamen Forschungsvorhaben fokussiert die Kooperation insbesondere auf die Bereiche Ladeinfrastruktur, Normen und Standards sowie Klima- und Umweltschutz.

Im Forschungsbereich startete im Mai 2014 das deutsch-chinesische Verbundprojekt SINGER (SinoGerman Electromobility Research). Ziele sind der fachliche Austausch sowie die gemeinsame Erprobung von Elektrofahrzeugen durch Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Behörden der südchinesischen Stadt Shenzhen und der Stadt Hamburg. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert und von der hySOLUTIONS GmbH, einer Tochter der Hamburger Hochbahn AG und Projektleitstelle für Elektromobilität in Hamburg koordiniert.

Im Bereich Normen und Standards haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) und das Ministry for Industry and Information Technology (MIIT) ihre Zusammenarbeit intensiviert. Als wichtige Voraussetzung für freien Marktzugang und die Vermeidung von Handelsbarrieren misst die deutsche Seite diesem Thema im Dialog mit China große Bedeutung bei. Die Kooperation der beiden Ministerien erfolgt im Rahmen eines im April 2012 unterzeichneten Memorandum of Understanding (MoU) zur Vertiefung der Zusammenarbeit im Bereich Elektromobilität, dessen Inhalte neben dem Thema Normung auch Technologieund Marktentwicklung umfassen.

Die seit 2011 zwischen dem BMWi und der Standardization Administration of China (SAC) bestehende Unterarbeitsgruppe Elektromobilität der AG Normung des Deutsch-Chinesischen Gemischten Wirtschaftsausschusses, die von der GIZ und der AHK Beijing begleitet wird, wird seit diesem Jahr komplementiert durch einen umfassenden Fachdialog zur deutschen und chinesischen Normungs-Roadmap. In Zukunft wird angestrebt, beide Kooperationsstränge zusammenzuführen.

Die deutsche Normungs-Roadmap wurde im Jahr 2010 im Rahmen der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) unter Beteiligung von Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft erstellt und in den folgenden Jahren weiterentwickelt. Alle in der Elektromobilität involvierten Akteure, vom Fahrzeughersteller über die Elektroindustrie, Energielieferanten bzw. Netzbetreiber bis hin zu Verbänden und Politik haben sich zum strategischen Vorgehen bei der Normung und Standardisierung der Elektromobilität eingebracht. Für November 2014 ist die dritte Version geplant, unter anderem mit einer Reihe von neuen Themen wie „Smart Charging“ und Energierückgewinnung, kommerziellen Elektrofahrzeugen und Informationssicherheit. 

 

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Im Auftrag des MIIT erarbeitet das China Automotive Technology and Research Center (CATARC) in Abstimmung mit dem China Electricity Council (CEC) die chinesische Normungs-Roadmap für Elektromobilität. Ein erster Entwurf wurde Anfang 2014 vorgelegt. Auf Basis einer Analyse bestehender nationaler und internationaler Standards zeigt die Roadmap Leitlinien für die Einführung neuer Standards in China in den nächsten zwölf Jahren auf. Sie deckt dabei sowohl alle Typen von Elektrofahrzeugen ab (mit Ausnahme von E-Bikes und den in China beliebten, aber bislang nicht regulierten „Low-Speed EV“), als auch die Bereiche Ladeinfrastruktur, Kommunikation und Schnittstellen sowie weitere, mit Elektromobilität in Verbindung stehende Industriezweige.

Experten der an der Erstellung beider Roadmaps beteiligten Institutionen von deutscher Seite das Deutsche Institut für Normung (DIN), die Deutsche Kommission Elektrotechnik (DKE) und der Verband der Automobilindustrie (VDA) von chinesischer Seite neben CATARC der CEC und State Grid analysieren im Laufe dieses Jahres beide Roadmaps im Detail und zeigen Gemeinsamkeiten und Diskrepanzen sowie Potentiale für eine künftige Angleichung auf. Ziel ist, für die nächste Sitzung der Deutsch-Chinesischen Plattform Elektromobilität Anfang Oktober in Berlin, die im Rahmen der Regierungskonsultationen stattfindet, vorläufige Ergebnisse dieses Fachdialogs mit Handlungsempfehlungen bezüglich der weiteren Harmonisierung von Standards zu präsentieren, beispielsweise im Bereich des Schnellladens.

Bereits seit 2009 kooperiert das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) mit dem chinesischen Ministry of Science and Technology (MOST) im Bereich Klimaschutz und Elektromobilität. Im Auftrag dieses Projekts fertigte die Tsinghua Universität in Beijing eine wissenschaftliche Studie an, die erstmals den gesamten Lebenszyklus eines herkömmlichen Kraftfahrzeugs mit dem eines Elektrofahrzeugs vergleicht und insbesondere (Vorketten-)Emissionen in der Herstellungsund Nutzphase sowie beim Recycling nach einer international anerkannten Methodik quantifiziert.

Mehr zum Thema: On the Fast-Track: Technology Transfer in China

Im Bereich nachhaltiger städtischer Verkehrskonzepte für Elektromobilitätsanwendungen arbeitet das Projekt eng mit ausgewählten Stadtregierungen in China zusammen. In dieser Komponente erstellte die Tongji Universität in Shanghai im Auftrag des Projekts Richtlinien für die klimagerechte, umweltfreundliche und ressourcenschonende Integration der Elektromobilität in nachhaltige Stadtverkehrskonzepte. Die Studienergebnisse dienen als Grundlage für Trainingsmaterialien, die Entscheidungsträgern chinesischer Kommunalregierungen beim erfolgreichen und nachhaltigen Ausbau der Elektromobilität dienen sollen.

Ebenfalls im Bereich nachhaltiger urbaner Verkehrskonzepte kooperiert das BMUB mit dem Ministry of Transport (MOT), speziell zum Thema Carsharing. Im Rahmen des Projekts werden eine Vielzahl von Stakeholder-Workshops sowie Fachinformationsreisen nach Deutschland und Europa durchgeführt, um die Erkenntnisse über die potenziellen Umweltund Klimavorzüge so genannter New Mobility Services chinesischen Entscheidungsträgern zugänglich zu machen.

Das BMUB kooperiert ferner mit der Nationalen Entwicklungsund Reformkommission (NDRC) in der inhaltlichen Konzeption und Pilotierung eines klimaund umweltgerechten Recyclingsystems für Traktionsbatterien. Der Projektpartner CATARC erstellte im Auftrag des Projekts hierzu eine Machbarkeitsstudie, die die Grundlage für den geplanten gemeinsamen Aufbau einer Recyclinganlage in China bildet.

Gemeinsam mit dem MIIT kooperiert das BMUB im Rahmen eines MoU zur Steigerung der Kraftfahrzeugeffizienz. Ziel dieser Kooperation ist es, Elektrofahrzeuge umweltgerecht in den rechtlichen Rahmen zu integrieren.

Ein weiterer Bereich, in dem die Zusammenarbeit in diesem Jahr intensiviert werden konnte, betrifft die Ladeinfrastruktur. Anlässlich des Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Beijing im Juli 2014 richteten das BMWi und die NDRC eine Fachkonferenz zur Kooperation in diesem Bereich aus, die vom SinoGerman Electric Vehicle Charging Project (SGEVCP) in Kooperation mit der GIZ und der AHK Beijing organisiert wurde. Neben Repräsentanten der DeutschChinesischen Plattform Elektromobilität nahmen hochrangige Vertreter der Automobilhersteller beider Länder sowie weitere Akteure aus dem Bereich der Elektromobilität und Projektpartner des SGEVCP an der Veranstaltung teil. Detailliertere Informationen zu diesem Projekt können dem nachfolgenden Beitrag entnommen werden.

Sowohl die Bandbreite der deutsch-chinesischen Kooperationsfelder im Bereich der Elektromobiltät insgesamt als auch die Tatsache, dass zu einem so zentralen, aber auch sensiblen Thema wie Normen und Standards eine derart offene Zusammenarbeit zwischen chinesischen und deutschen Fachexperten möglich ist, verdeutlicht, dass beide Seiten sich vom bilateralen Dialog viele Vorteile versprechen. Es steht zu erwarten, dass 2015, im Jahr der Deutsch-Chinesischen Innovationspartnerschaft, zahlreiche weitere Impulse für eine Vertiefung der Zusammenarbeit im Bereich Elektromobilität gesetzt werden. 

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